20 Dez Flusspegelsensorik: kostengünstig, autark und kontinuierlich überwacht
Einen kostengünstigen Sensor für flächendeckende Hochwasserwarnsysteme haben Forschende der Universität Bonn entwickelt. Es existieren bereits eine ganze Reihe von Methoden, den Pegel eines Wasserlaufs zu bestimmen – von sehr einfachen (per Messlatte) bis hin zu High-Tech-Lösungen mittels Radars. Doch die meisten Messgeräte können durch Hochwasser beschädigt werden, viele erlauben keine kontinuierliche Überwachung, ihre Fernablesung gestaltet sich schwierig oder sie sind teuer.
In Wesel am Niederrhein verrichtet dagegen bereits seit zwei Jahren ein Messgerät seinen Dienst, das laut den Entwicklern kostengünstig ist, zuverlässig und dazu in der Lage, den Pegelstand per Mobilfunk kontinuierlich an ein Auswertungszentrum zu übermitteln. Damit soll es sich zur engmaschigen Warnung vor Hochwasser- und Dürreereignissen eignen.
„Kern unseres Geräts ist ein kostengünstiger GNSS-Empfänger“, erklärt Dr. Makan Karegar vom Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn. Das sind Sensoren, die die Position ihres Standorts auf wenige Meter genau bestimmen können. Dazu nutzen sie unter anderem die GPS-Satelliten der USA sowie ihre russischen Pendants, Glonass. „Mit Hilfe der Satellitensignale lässt sich aber auch der Abstand der GNSS-Antenne zur Oberfläche eines Flusses messen“, sagt Karegar.
Reflektierte Signale für den Wasserstand
Die von den Satelliten ausgesandten Wellen werden nur zum Teil direkt von der Antenne aufgefangen. Der Rest wird von der Umgebung, in diesem Fall der Wasseroberfläche, reflektiert und gelangt über diesen Umweg zum Empfänger. Dieser reflektierte Anteil ist länger unterwegs und bildet bei der Überlagerung mit dem direkt empfangenen Signal bestimmte Muster, die Interferenzen. Aus ihnen lässt sich der Abstand der Antenne zum Wasserspiegel errechnen.
„Wir können das GNSS-Gerät an jeder Struktur anbringen, sei es einer Brücke, einem Gebäude oder einem Baum oder Zaun neben dem Fluss“, erläutert Karegar. „Von dort kann es berührungslos rund um die Uhr den Flusspegel messen – im Schnitt auf 1,5 Zentimeter genau. Dabei ist es selbst im Falle eines Hochwassers nicht gefährdet.“ Die Genauigkeit des Verfahrens kommt zwar nicht an die eines radargestützten Pegelmessers heran. Für die angedachten Einsatzzwecke reicht sie aber voll und ganz aus. Zudem ist das Gerät mit knapp 150 Euro auch erheblich günstiger als sein High-Tech-Pendant.
Einen Nachteil hat das Verfahren allerdings: Es ist nur für Flussläufe mit einer Breite von mindestens 40 m geeignet. „Das ist der kleinste Radius, aus dem die Antenne das reflektierte Satellitensignal empfängt“, sagt Karegar. „Wenn der Wasserlauf zu schmal ist, stammt ein zu großer Anteil der Reflektionen von Uferbereichen.“ Die Beteiligten planen aber, ihren Auswertungscode weiter zu optimieren. Sie hoffen so, auch bei kleineren Flüssen wie der Ahr noch zu sicheren Messergebnissen kommen zu können.
Raspberry-Pi-gesteuert
Die GNSS-Antenne ist mit einem Raspberry Pi verbunden. Das Gerät ist etwa so groß wie ein kleines Smartphone und habe nach Angaben der Forschenden dennoch genug Leistung, um aus den Rohdaten den Wasserstand berechnen zu können. Er lässt sich problemlos über Solarzellen mit Strom versorgen und arbeitet dann völlig autark. Seine Messdaten übermittelt er über Mobilfunk.
Im Internet stellen die Forschenden zudem sämtliche Informationen zu ihrem Projekt bereit. Interessentinnen und Interessenten können das Messgerät also nachbauen.
Originalpublikation:
[Makan A. Karegar et al.: Raspberry Pi Reflector (RPR): A Low-cost Water-level Monitoring System based on GNSS Interferometric Reflectometry; Water Resources Research; DOI: 10.1029/2021WR031713]
Weitere Informationen zum technischen Aufbau
Quelle: www.uni-bonn.de