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Agile Batteriezell­fertigung in Deutschland eröffnet

Um Batteriezellen – etwa für die Elektromobilität oder Elektrowerkzeuge – künftig flexibler herstellen zu können, haben Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) eine agile Batteriezellfertigung aufgebaut. Auf Basis einer roboterbasierten Automatisierung wurde ein Flexibilitätsgrad erreicht, der nach Angaben der Forschenden bisher nur in der manuellen Zellfertigung realisierbar war. Dies soll es Unternehmen ermöglichen, sich schneller an neue Technologien und volatile Märkte anzupassen und die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland als Industriestandort zu stärken.

Differenzierung vom Massenmarkt

Derzeit wird die Nachfrage nach Batteriezellen vor allem durch kostengetriebene Massenproduktion in Asien und Nordamerika gedeckt, was auch Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau hat. „Wir haben in Deutschland nicht die Voraussetzungen, um in der rein kostengetriebenen Massenfertigung von Zellen und dem dazugehörigen Maschinenbau wettbewerbsfähig zu sein“, sagt Professor Jürgen Fleischer, Leiter des wbk Institut für Produktionstechnik am KIT. „Die Eröffnung der weltweit ersten agilen Batteriezellfertigung in der Karlsruher Forschungsfabrik zeigt, wie wir uns mit einer hochflexiblen und ressourceneffizienten Produktion vom Weltmarkt differenzieren und gezielt das margenstarke Premiumsegment und Nischenmärkte adressieren können.“

Roboterzelle als Microenvironment

Für die Batteriezellfertigung entwickelten die Forschenden des KIT gemeinsam mit der Firma Exyte spezielle Roboterzellen. „Diese stellen eine Weltneuheit auf dem Gebiet dar“, so Fleischer. „Sie dienen als lokale Trockenräume, auch Microenvironments genannt, zum Schutz der feuchtigkeitsempfindlichen Batteriematerialien.“ Im Vergleich zu konventionellen Trockenräumen sei das zu entfeuchtende Raumvolumen deutlich kleiner, so Fleischer. Daher biete diese Technologie ein besonders hohes Energieeinsparpotenzial. Vier solcher Microenvironments stellen mit ihren zugehörigen Prozessmodulen den physischen Aufbau der agilen Batteriezellfertigung in der Karlsruher Forschungsfabrik des wbk dar.

Digitaler Zwilling des Produktionssystems

Darüber hinaus bauten die Projektbeteiligten einen Digitalen Zwilling, also ein virtuelles Abbild des Produktionssystems, auf. So können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler softwarebasiert Skaleneffekte durch die Vervielfachung einzelner Microenvironments untersuchen und produktionstechnische Größen wie etwa die optimale Losgröße ermitteln. Diese Simulation lässt sich auch für die Produktionsplanung der agilen Batteriezellfertigung nutzen. Die reale Anlage ist an eine Datenbank angebunden, um zukünftig alle Prozesse KI-basiert anpassen und verbessern zu können.

 

Vertreter der beteiligten Ministerien und des KIT eröffnen die neue agile Batteriezellfertigungslinie in der Karlsruher Forschungsfabrik. (v.l.: Stefan Jung, BMBF; Jürgen Fleischer, KIT; Ronny Feuer, MWK; Joachim Knebel, KIT. Bild: Amadeus Bramsiepe / KIT

 

Enge Kooperation zwischen Wissenschaft und Industrie

Die Batteriezellfertigung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Forschungsprojekt ‚AgiloBat‘ zusammen mit mittelständisch geprägten Maschinen- und Anlagenbauern entwickelt. Gemeinsam bieten sie so eine wettbewerbsfähige Anlagentechnik entlang der gesamten Prozesskette bieten. Das vom KIT eingebrachte Prozesswissen für eine flexiblere und modularere Anlagentechnik ermöglicht es den beteiligten Unternehmen zudem, künftig nachhaltig Batteriezellen variantenflexibel, ressourceneffizient und automatisiert zu fertigen sowie neue Materialsysteme durch industrienahe Fertigung mit kleinen Materialmengen zu erproben. Die entwickelte Infrastruktur ergänzt die seit 2011 am KIT aufgebaute Forschungsinfrastruktur im Bereich der Batteriezellfertigung.

Weitere Informationen zu AgiloBat

Im Forschungsprojekt AgiloBat arbeiten Forschende aus sieben Instituten des KIT mit Partnern am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg und dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie zusammen. Aus dem Maschinen- und Anlagenbau sind außerdem Coperion, Saueressig Group, Schunk Group, Herrmann Ultraschalltechnik, Siemens, Dehof Ingenieur+Technik und Exyte Technology beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit 14,5 Millionen Euro und das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg mit 4,5 Millionen Euro.

 

Quelle: www.kit.edu

Bild: Amadeus Bramsiepe / KIT



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