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Materialien für die Batterie der Zukunft

Was macht eine gute Batterie aus? Ist es ihre Kapazität? Wie schnell sie lädt? Oder doch ihr Preis? Die Antwort hänge davon ab, wo die Batterie zum Einsatz kommt, sagt Kostiantyn Kravchyk, Forscher am schweizerischen Empa, dem interdisziplinären Forschungsinstitut des Bereichs für Materialwissenschaften und Technologie der ETH Zürich. In der Gruppe ‚Functional Inorganic Materials‘, die von Maksym Kovalenko geleitet wird und Teil des Empa-Labors ‚Thin Films and Photovoltaics‘ ist, entwickelt der Wissenschaftler neue Materialien, um die Batterien von morgen leistungsfähiger und schneller, oder eben günstiger zu machen.

Elektromobilität und stationäre Stromspeicher

Im Grunde genommen besteht jede Batterie aus einer Kathode, einer Anode und einem Elektrolyten. Bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus besteht die Anode aus Graphit, die Kathode aus einem Mischoxid von Lithium und anderen Metallen, etwa Lithium-Kobalt(III)-Oxid. Der Elektrolyt leitet die Lithium-Ionen von der Kathode zur Anode und zurück, je nachdem, ob die Zelle gerade aufgeladen oder entladen wird. Zwei Einsatzbereiche von wiederaufladbaren Batterien sind für die Energiewende ausschlaggebend: Einerseits die Elektromobilität, andererseits stationäre Speicher, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne speichern. Akkus für Elektroautos müssen kompakt und leicht sein, eine hohe Kapazität haben und sich so schnell wie möglich aufladen. Stationäre Batterien dürfen mehr Platz in Anspruch nehmen. Wirtschaftlich sind sie aber nur dann, wenn sie möglichst wenig kosten.

Herausforderungen bei Lithium-Ionen-Akkus

Wenn es um Akkus für Elektromobilität geht, ist eine möglichst hohe Energiedichte erwünscht. „Mit einer Anode aus reinem metallischem Lithium anstelle von Graphit könnten wir in einer gleich großen Zelle ein Vielfaches an Energie speichern“, sagt Kravchyk. Allerdings wird das Lithium beim Laden und Entladen der Zelle nicht gleichmäßig ab- und wieder aufgetragen. Es kommt zur Bildung von sogenannten Dendriten: verzweigten Strukturen aus metallischem Lithium, die die Batterie kurzschließen können.
Eine Möglichkeit, das Wachstum von Dendriten zu verlangsamen, ist die Verwendung von festen Elektrolyten: Bei Festkörperakkus leitet anstatt einer Flüssigkeit eine feste Materialschicht die Lithium-Ionen von der Kathode zur Anode und zurück.
Die Ansprüche an das Elektrolytmaterial sind allerdings hoch. „Man spricht davon, Batterien innert zehn bis fünfzehn Minuten aufzuladen“, erklärt Kravchyk. „Das bedingt eine sehr hohe Stromdichte, bei der selbst in Festkörperbatterien Dendriten entstehen.“ Eine weitere Gefahr: Durch die ungleichmäßige Ab- und Auftragung von Lithium bilden sich an der Grenze zwischen Elektrode und festem Elektrolyt Hohlräume, die die verfügbare Fläche reduzieren und die Stromdichte noch weiter erhöhen.

Die Ansprüche an das Elektrolytmaterial sind hoch: „Man spricht davon, Batterien innert zehn bis fünfzehn Minuten aufzuladen“, sagt Empa-Forscher Kostiantyn Kravchyk. Bild: Empa

 

Ein neuartige Zweischicht-Membran

Im Rahmen der Fraunhofer-Förderlinie ICON (International Cooperation and Networking) haben Kravchyk und weitere Empa-Forschende nun einen vielversprechenden Feststoffelektrolyten weiterentwickelt. Das Material, Lithium-Lanthan-Zirkon-Oxid, kurz LLZO, besitzt eine hohe Ionenleitfähigkeit und chemische Stabilität – laut den Forschenden ideale Eigenschaften für den Einsatz in Batterien.
„Wir haben LLZO zu einer zweischichtigen Membran verarbeitet, die aus einer dichten und einer porösen Schicht besteht“, erklärt Kravchyk. Lagert man in den Poren Lithium ein, entsteht eine sehr große Kontaktfläche zwischen dem Lithium und dem Elektrolyten, und die Stromdichte bleibt gering. Die dichte Schicht stellt sicher, dass keine Dendriten zur anderen Elektrode wachsen und einen Kurzschluss verursachen können. Und auch an die Wirtschaftlichkeit haben die Forschenden gedacht: Sie haben nach eigener Aussage ein einfaches, kostengünstiges und skalierbares Verfahren entwickelt, um die zweischichtigen Membranen herzustellen.

Günstiges Eisen statt teurem Kobalt

Einen ganz anderen Ansatz verfolgten die Forschenden in einem Projekt, bei dem es um die stationäre Speicherung von erneuerbaren Energien ging. „Die mit Abstand wichtigste Metrik beim stationären Speicher ist der Preis“, sagt Kravchyk. Die heute vereinzelt verwendeten Batterien für stationäre Speicherung basieren auf der Lithium-Ionen-Technologie und sind vergleichsweise teuer. „Deshalb wird der Großteil des Speicherbedarfs noch immer durch Pumpspeicherkraftwerke gedeckt, obwohl sie verglichen mit Batterien eine sehr niedrige Energiedichte haben“, fährt der Forscher fort.
Einer der grössten Kostentreiber für stationäre Batterien sind die verwendeten Materialien. Neben Lithium sind dies bei Lithium-Ionen-Akkus Kobalt und Nickel, die für die Herstellung der Kathode benötigt werden. Die Suche nach besseren Materialien für die Kathode führte die Forschenden schnell zu einem der häufigsten Elemente der Erdkruste: Eisen.

Flourid-Kristalle als Ionenleiter

Für ihre Kathode kombinierten die Forschenden das günstige Metall mit Fluorid. Genauer gesagt verwendeten sie Eisen(III)-Hydroxyfluorid. „Bisherige Ansätze, eine Batterie auf Basis von Eisenfluoriden zu machen, setzten auf chemische Konversion“, erklärt Kravchyk. Dabei wandelt man die Eisen-Ionen in metallisches Eisen um. „Dieser Prozess ist nicht sehr stabil“, weiß der Forscher. „Im Idealfall wandern die Ionen einfach von einem Pol zum anderen, ohne große strukturelle Veränderungen zu durchlaufen.“ Eigentlich haben Fluoride eine schlechte Leitfähigkeit, sowohl für Elektronen als auch für Lithium-Ionen. Doch Kravchyks Team hat die Lösung: Mittels eines den Forschenden zufolge einfachen und kostengünstigen Verfahrens haben sie Eisen(III)-Hydroxyfluorid in eine spezielle Kristallstruktur gebracht. Diese sogenannte Pyrochlor-Struktur enthält in ihrem Inneren Gänge, die Lithium-Ionen leiten. „Wir konnten mit unserer Batterie eine vergleichbare Leistung zu einem deutlich tieferen Preis erzielen“, so Kravchyk. „Wir sind überrascht, dass bis jetzt kaum jemand erforscht hat, wie man dieses vielversprechende Material kostengünstig herstellen könnte.“

Originalpublikationen:
[H. Zhang, R. Dubey, M. Inniger, F. Okur, R. Wullich, A. Parrilli, D.T. Karabay, A. Neels, K.V. Kravchyk, M.V. Kovalenko; Ultrafast-sintered self-standing LLZO membranes for high energy density lithium-garnet solid-state batteries; Cell Reports Physical Science (2023); doi: 10.1016/j.xcrp.2023.101473]
[J.F. Baumgärtner, M. Wörle, C.P. Guntlin, F. Krumeich, S. Siegrist, V. Vogt, D.C. Stoian, D. Chernyshov, W. van Beek, K.V. Kravchyk, M.V. Kovalenko; Pyrochlore-Type Iron Hydroxy Fluorides as Low-Cost Lithium-Ion Cathode Materials for Stationary Energy Storage; Advanced Materials (2023); doi: 10.1002/adma.202304158]

Quelle und Bild: www.empa.ch/web/empa



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