Technikforum Industrial IoT

Normung: KI verantwortungsvoll nutzen

Nach Angaben der DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik gibt es international mehr als 200 Normen, die auf einzelne Anwendungsfelder bezogen einen Rahmen für die Arbeit mit KI setzen. Um den wirtschaftlichen Erfolg und die Sicherheit neuer Systeme zu gewährleisten, braucht es aber mehr, meint DKE-Geschäftsführer Michael Teigeler: „Mit knapp 600 Seiten ist ein sehr umfangreicher Standard entstanden, der den vertrauenswürdigen und sicheren Einsatz von Künstlicher Intelligenz zukünftig sicherstellen kann. Hier liegt auch die Basis für die weitere Normung im Rahmen des European AI Acts. Unternehmen haben damit eine Grundlage, KI sicher zu entwickeln und Produkte in den Markt einzuführen.“

Die Besonderheit bei Vorgaben für KI besteht laut DKE darin, dass Funktionen nicht einfach nach vorgegebenen Prozessen geprüft werden können. Das System muss Sicherheit selbst gewährleisten und Anforderungen an funktionale Sicherheit inhärent erfüllen. Wegen dieser hohen Komplexität haben sich Vertreter aus Industrie, Wirtschaft, Forschung und Verbraucherschutz im DKE-Arbeitskreis Autonome Systeme zusammengeschlossen, um den neuen VDE-Standard zu entwickeln.

Dr. Henrik J. Putzer, Co-Vorsitzender des Arbeitskreises und CEO von Cogitron, sagt: „Wir haben die Anwendungsregel in sechs voneinander thematisch abgegrenzte Abschnitte unterteilt, um den kompletten Lebenszyklus eines KI-Systems abzubilden. Sie reicht von der Begriffsdefinition für den Umgang mit KI-Systemen bis zu Vorgaben zur Qualifikation und Zulassung der Systeme für die Marktphase.“ Bereits die Namensgebung soll zeigen, dass sich die Anwendungsregel nicht im luftleeren Raum bewegt: Die Ziffer 61 am Schluss bezieht sich auf die IEC-Norm 61508. Sie gilt als zentrale Grundlage für die funktionale Sicherheit von E/E-Systemen in der Automobiltechnik und ist wesentlicher Ausgangspunkt für die AR-E 2842-61.

Im Fokus der neuen VDE-Anwendungsregel steht mit Teil 3 bis 5 die Entwurfsphase, in der es besonders darauf ankommt, Anforderungen bezüglich der Vertrauenswürdigkeit zu erfüllen. Dazu zählen Vorgaben zur Systemsicherheit, Cybersicherheit, Gebrauchstauglichkeit sowie ethische Fragestellungen. Hinzu kommen Vorgaben auf Komponentenebene – also Hardware, Software und KI-Blaupausen zur Anwendung einer KI-Methodik – sowie Maßnahmen zur Marktbeobachtung.

Prof. Dr.-Ing. Ralph Welge, Co-Vorsitzender des DKE-Arbeitskreises und CEO von Glass Sphere Software, stellt fest: „Mit dem jetzt veröffentlichten Teil haben wir die Anwendungsregel vervollständigt. Nun rufen wir alle Beteiligten dazu auf, sie zu verwenden und KI für die Gesellschaft verantwortungsvoll nutzbar zu machen. Es gibt Lücken zu Verifikationsmethoden, da ist die Forschung gefragt. Die Industrie muss die Anwendung erproben, so dass wir sie verbessern können, und die Normung ist gefordert, Ansätze und Methoden auf europäischem beziehungsweise globalem Level einzubringen.“ Dies schafft aus Sicht des Informatikexperten nicht nur die Grundlage für einen sicheren Einsatz kognitiver Systeme, sondern stärkt auch die Rolle Deutschlands im Wettbewerb um die Technologieführerschaft bei KI.

Teil 1 (Begriffe und Grundkonzepte), Teil 2 (Management), Teil 3-5 (Kernprozesse) und Teil 6 (After Release of the Solution) der neuen Anwendungsregel VDE-AR-E 2842-61 können ab sofort komplett im VDE Verlag erworben werden.

Quelle: www.dke.de

Bild: ©pinkeyes – stock.adobe.com



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