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Wie ein neuromorpher Chip der Industrie helfen könnte

Chips, die Informationen verarbeiten wie das menschliche Gehirn: Das Dresdner Startup Techifab entwickelt sogenannte neuromorphe Chips, die Informationen direkt am Entstehungsort verarbeiten und speichern – ohne energieintensive Datenübertragung zwischen Prozessor und Speicher. Der neuromorphe Chip basiert auf Memristoren, die den Entwicklerinnen und Entwicklern zufolge neue Maßstäbe in Sachen Energieeffizienz und Rechenleistung setzen sollen. Diese echtzeittaugliche und ressourceneffiziente Technologie könnte etwa selbstfahrende Autos und Industrieanlagen unterstützen. „Unser Ziel ist es, das Gehirn als Vorbild zu nutzen, um eine Technologie zu schaffen, die mit minimalem Energieverbrauch komplexe Entscheidungen logisch nachvollziehbar trifft“, sagt Prof. Dr. Heidemarie Krüger, Gründerin des Startups und Forscherin vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Technologie mit Potenzial für Edge Computing

Die Architektur der Memristoren erlaubt es, Daten direkt an der Quelle zu verarbeiten – eine Schlüsselkomponente für das Edge Computing, bei dem Daten nicht an zentrale Cloud-Systeme übertragen werden müssen. „Das bedeutet mehr Sicherheit und Unabhängigkeit, da sensible Daten lokal bleiben“, betont Krüger. Auch in der industriellen Sensorik könnte dies ein großer Vorteil sein, um beispielsweise erste Anzeichen von Verschleiß zu erfassen und Ausfälle zu vermeiden. In ersten Pilotprojekten testet Krügers Team die Technologie gemeinsam mit der Technischen Universität Bergakademie Freiberg bereits unter realen Bedingungen. Nach Aussage der Partner zeigte sich, dass der neuromorphe Chip sogar kleinste Veränderungen zuverlässig erkennen und Verschleißmuster präzise prognostizieren kann.

KI-Systemen mit höherer Energieeffizienz

Während klassische Prozessoren immer mehr Transistoren benötigen, um die wachsende Datenflut zu bewältigen, stößt das traditionelle Chipdesign an physikalische und energetische Grenzen. Neuromorphe Ansätze kombinieren Speicher- und Recheneinheit, was den Energiebedarf senkt und das Potenzial für KI-Systeme erheblich erweitert.
„Unser Ziel ist es, nicht nur Datensätze zu analysieren, sondern auch zu lernen, Muster zu erkennen und flexibel auf neue Situationen zu reagieren – ohne eine ständige Verbindung zu externen Rechenzentren“, erklärt Krüger. Damit könnte die Technologie in Zukunft dazu beitragen, Rechenzentren energieeffizienter zu gestalten und KI-Anwendungen mit deutlich weniger Ressourcenbedarf zu entwickeln. „Wir konnten zeigen, dass diese künstlichen Synapsen selbst komplexe Rechenaufgaben wie Matrixmultiplikationen effizient bewältigen können“, berichtet Krüger. Diese Rechenoperationen bilden beispielsweise die Grundlage beim Training vieler KI-Anwendungen und Bildverarbeitungsalgorithmen.

Die Leistung steigern

Krügers aktueller Prototyp soll über 32 Memristoren verfügen. In der nächsten Entwicklungsstufe sollen es über 200 werden, um komplexe neuronale Netze abzubilden und neue Anwendungen in autonomen Systemen zu ermöglichen. Das Startup wurde den Angaben zufolge von der Bundesagentur für Sprunginnovationen mit einem zweistelligen Millionenbetrag gefördert.

 

Quelle: www.leibniz-ipht.de

Bild: techifab.com



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