26 Aug Optische Kommunikation für Maschinen und Roboter
Die Fertigung in modernen Industrie-4.0-Szenarien ist auf ständige Veränderungen ausgerichtet. Bei kurzfristigen Auftragsänderungen müssen Maschinen, Roboter und Messinstrumente schnell neu platziert und in umgebaute Fertigungsabläufe integriert werden. Ähnliches gilt im Gesundheitswesen. Immer mehr Geräte wie Röntgen- oder Ultraschallgeräte sind ans Netzwerk angeschlossen. Diese müssen im Bedarfsfall in der Klinik beweglich sein. In beiden Fällen sind herkömmliche Netzwerke, in denen Maschinen und Geräte mit WLAN angebunden sind, nicht immer optimal. In Produktionshallen können sich die verschiedenen Funknetzwerke unvorhersehbar stören. In sensiblen Umgebungen, beispielsweise im Operationssaal eines Krankenhauses, sind auch elektromagnetische Emissionen der Funknetzwerke problematisch; dort gelten strenge Grenzwerte. Hinzu kommen Risiken für die Datensicherheit. Der Datenverkehr ist zwar verschlüsselt, das Funknetz bleibt für potenzielle Angreifer aber prinzipiell sichtbar.
Forschende vom Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI in Berlin arbeiten gemeinsam mit Projektpartnern an einer vielversprechenden Lösung: die Datenübertragung mittels Lichts. Im Projekt LINCNET (LiFi-enabled 5G for Industrial and Medical Networks, LiFi-gestütztes 5G für industrielle und medizintechnische Netzwerke) nutzen die Forschenden die Möglichkeit, Daten durch Modulation von Lichtimpulsen zu übertragen. Als Lichtquelle dienen handelsübliche LEDs und als Empfänger kommen Fotodioden zum Einsatz.
Stromnetz, 5G und LiFi kombiniert
Das Konzept sieht vor, das schnelle 5G-Datennetz mit der Datenübertragung über das vorhandene Stromnetz (Powerline Communication, PLC) zu kombinieren, um die Daten in jeden Raum zu bringen und sie dort mittels Lichts (LiFi) auf den letzten Metern drahtlos zu übertragen. Die Lichtsignale dringen nicht durch Wände. Das reduziert elektromagnetische Emissionen und ist energieeffizienter. Mit PLC entfällt außerdem die kostspielige Verlegung zusätzlicher Kabel für das Netzwerk. Die Daten aus dem Stromnetz werden über ein LiFi-Modul in Steuersignale für das Licht umgewandelt. Das Licht wird kontinuierlich heller und dunkler moduliert. Die LEDs senden ihre Daten an Endgeräte, die mit Empfangs- und Sende-Einheiten ausgestattet sind. Die Signaländerungen erfolgen mit 200 MHz und werden vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen. Für die Entwicklung und Optimierung von PLC ist der Konsortialführer von LINCNET, das Aachener Unternehmen Devolo Solutions, zuständig.
Gegenüber der funkbasierten Datenübertragung hat LiFi klare Vorteile: Die Übertragung ist sehr robust und leistungsstark und in lokalen Netzwerken ermöglicht sie Latenzzeiten unter 2 ms und Übertragungsraten bis zu 1 Gigabit pro Sekunde. Projektleiter Lennert Bober nennt weitere Vorteile: „Licht dringt nicht durch Wände und ist somit abhörsicher. Zudem wird die Datenübertragung nicht von anderen Funknetzwerken oder von Maschinen mit Störstrahlung beeinträchtigt und kann diese auch nicht stören.“ Da die Daten nur innerhalb des Lichtkegels übertragen werden, lassen sich viele Maschinen oder Geräte gleichzeitig mit Daten versorgen, ohne dass die Lichtsignale einander stören.
Deckenmodul verwandelt Daten in Lichtsignale
Das Fraunhofer HHI hat LiFi mitentwickelt und trägt auch maßgeblich zur Standardisierung bei. Für das Projekt LINCNET haben die Forschenden ein Deckenmodul mit digitalem Signalprozessor (DSP) entworfen. Es extrahiert die Daten aus dem Stromfluss und verwandelt diese in die elektrischen Signale für die Modulation der Lichtquelle. Die LED sendet die Daten von der Decke an das im Lichtkegel platzierte Endgerät, also beispielsweise einen Roboter in der Fertigung oder ein Ultraschallgerät in der Klinik. Im Lichtkegel sind die Daten ebenso abgeschottet wie in einem Kabel. „Es ist so sicher und performant wie ein Kabelnetzwerk – nur ohne Kabel“, erklärt Bober.
Für die Industrie hat Licht einen weiteren entscheidenden Vorteil: Anwender können das Lichtspektrum nach Belieben nutzen, denn die im Funkbereich etablierten Regulierungen gibt es bei Licht nicht. „Sie müssen keine Anträge auf Nutzung einer Frequenz stellen und keine Lizenzgebühren zahlen“, ergänzt Bober.
Hochskaliert für Echtzeit-Anwendungen
Die Forschenden vom Fraunhofer-Institut HHI arbeiten im Projekt parallel bereits an einer weiteren Verbesserung von LiFi-Netzwerken. Statt LiFi via Powerline Communication mit dem Stromnetz zu verbinden, entwickeln sie auch eine Kombination mit schnellen Ethernet-basierten Netzwerken. Während die Backhaul-Anbindung von Drahtlos-Zugangspunkten über Ethernet üblich ist, findet hier zusätzlich ein zentralisierter Ansatz Anwendung, ähnlich wie in 5G-Mobilfunknetzen. Als sogenanntes ‚Fronthaul-Netzwerk‘ verbindet Ethernet jedes LiFi-Deckenmodul mit einem zentralen Computer, der LiFi-Übertragungen präzise koordiniert und somit die Übertragungsleistung deutlich steigert. „Für die Echtzeit-Steuerung von Robotern oder Highend-Szenarien in der Medizin sind hochskalierbare Ethernet-Leitungen im Verbund mit LiFi eine wunderbare Kombination“, erklärt Bober.
Technologische Souveränität sichern
Für Unternehmen wie auch Krankenhäuser kann LINCNET nach Meinung der Forschenden einen spürbaren Schub für die weitere Digitalisierung geben, und durch den Aufbau von Kompetenzen in der optischen Drahtloskommunikation soll die technologische Souveränität in Deutschland gesichert werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert die 15 Projektpartner von LINCNET mit insgesamt 3,3 Millionen Euro.
Quelle: www.hhi.fraunhofer.de
Bild: Devolo Solutions