26 Aug Mehr Freiheit beim Chip-Design
Drei Fraunhofer-Institute haben in Dresden eine zukunftsweisende Forschungsinitiative gestartet: das Chiplet Center of Excellence (CCoE). Gemeinsam mit der Wirtschaft wollen sie die Einführung der Chiplet-Technologien vorantreiben. Elektroniklösungen auf der Basis von Chiplets ermöglichen erstmals die Einbindung verschiedener Funktionseinheiten, auch in unterschiedlichen Technologien, auf einem Substrat oder in einem 3-D-Chipaufbau. Zum Beispiel können damit neue und teure Technologien für bestimmte Funktionalitäten auf wenige Schaltkreise konzentriert werden, anstatt sie für den kompletten Chipaufbau verwenden zu müssen. Heute ist der Einsatz von Chiplets bereits für Großserienanwendungen wirtschaftlich. Vor allem US-amerikanische Firmen im Bereich der Datacenter führen sie ein. Allerdings werden dafür firmeneigene Standards genutzt. Eine Umsetzung mit Chiplets aus verschiedenen Quellen für Produktgruppen in kleineren und mittleren Stückzahlen, wie für Automobil-Anwendungen, ist hiervon bisher weitgehend ausgenommen.
Chiplets für die europäische Wirtschaft
Andy Heinig ist Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Institutsteil Entwicklung Adaptiver Systeme EAS, und leitet das CCoE. „Chiplets werden in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle für die globale Halbleiterindustrie spielen“, ist Heinig überzeugt. „Denn diese Technologie bietet die größten Freiheitsgrade bei der passgenauen Gestaltung von elektronischen Systemen. Umso wichtiger ist es, dass die europäische Wirtschaft einen abgestimmten Fahrplan für die Entwicklung eigener Produkte und den Einsatz von Chiplets hat.“ Laut Heinig ist es für Unternehmen deshalb essentiell, frühzeitig die Umsetzbarkeit von Systemlösungen auf der Basis von Chiplets abschätzen zu können. „Dafür haben wir am CCoE das breite Spektrum von Anforderungen und Randbedingungen an die Produkte im Blick und entwickeln daraus praxistaugliche Arbeitsabläufe und neue Verfahren zur Bewertung“, erklärt Heinig.
Das CCoE verfolgt laut den Gründern das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität starker europäischer Industriesektoren zu unterstützen. In den ersten zwei Jahren wird sich das Center deshalb nach eigener Aussage auf Anwendungen aus der Automobil-Elektronik konzentrieren. Hierfür werden verschiedene Schlüsselpartner entlang der Wertschöpfungskette zusammengebracht – vom Automobilhersteller bis zum Halbleiterproduzenten. Für sie wollen die Fraunhofer-Forschenden methodische Ansätze, Architekturkonzepte, nachnutzbare Basiskomponenten und Roadmaps für die Entwicklung, Fertigung und den robusten Aufbau von Chiplets erarbeiten. Darüber hinaus bewerten sie im Center verschiedene Chipletlösungen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit, Kosten und Zuverlässigkeit. Forschungsergebnisse sollen zudem in die internationale Normung einfließen und zur Gestaltung eines herstellerübergreifenden Chiplet-Ökosystems beitragen.
Unternehmensbeteiligungen erwünscht
Die Alleinstellung des CCoE ergibt sich aus dem breiten Fraunhofer-Portfolio in der Elektronikentwicklung und -fertigung sowie der engen, interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Industrie. Verantwortet wird das Center durch den Dresdner Institutsteil Entwicklung Adaptiver Systeme EAS, der zum Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS gehört. Außerdem durch das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM und seinen Institutsteil All Silicon System Integration Dresden – ASSID sowie das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS. Interessierte Unternehmen, die sich an den vorwettbewerblichen Arbeiten des CCoE beteiligen und seine Forschungsagenda mitgestalten wollen, können dem Center bis Herbst 2024 beitreten. Weitere Informationen zum CCoE und zu Kontaktmöglichkeiten finden sich auf der Webseite des CCoE.
Quelle und Bild: www.eas.iis.fraunhofer.de