Technikforum Industrial IoT

Sendemodul für den 6G-Mobilfunk

Selbstfahrende Autos, Telemedizin, automatisierte Fabriken – solche vielversprechenden Zukunftsanwendungen in den Bereichen Verkehr, Gesundheit und Industrie sind auf eine Informations- und Kommunikationstechnik angewiesen, die den Leistungsrahmen des aktuellen Mobilfunkstandards der fünften Generation (5G) übersteigt. Der 6G-Mobilfunk, mit dessen Einführung ab 2030 gerechnet wird, verspricht eine Hochgeschwindigkeitsvernetzung für die zukünftig benötigten Datenmengen, da er Datenraten über 1 Tbit/s und Latenzen bis hinab zu 100 µs erreichen soll. An den für den 6G-Mobilfunk benötigten neuartigen Hochfrequenzbauelementen haben das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF und das Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI im Rahmen des von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Projekts Konfekt (Komponenten für die 6G-Kommunikation) seit 2019 gearbeitet. Die Forschenden haben Sendemodule auf Basis des Leistungshalbleiters Galliumnitrid (GaN) entwickelt, mit denen erstmals in dieser Technologie die Frequenzbereiche um 80 GHz (E-Band) und 140 GHz (D-Band) erschlossen werden können.

Monolithische Integration

„6G erfordert wegen der hohen Ansprüche an Leistung und Effizienz neuartige Hardware“, erklärt Dr. Michael Mikulla, Projektleiter am Fraunhofer IAF. „Um in den Kategorien Ausgangsleistung, Bandbreite und Leistungseffizienz bessere Ergebnisse zu erzielen, benutzen wir für unser Modul beispielsweise monolithisch integrierte Mikrowellenschaltungen (Monolithic Integrated Microwave Circuits, MMIC) auf GaN-Basis statt der aktuell gängigen Silizium-Schaltungen. Außerdem verzichten wir auf Oberflächenmontage und planare Aufbaustrukturen, um eine verlustärmere Strahlformungsarchitektur mit Hohlleitern und inhärenter Parallelschaltung zu konstruieren.“

Komponenten aus dem 3-D-Drucker

Das Fraunhofer HHI ist ferner an der Evaluation 3-D-gedruckter Hohlleiter beteiligt. Mehrere Komponenten, darunter Leistungsteiler, Antennen und Antennenzuleiter, wurden im SLM-Verfahren (Selective Laser Melting, selektives Laserschmelzen) konstruiert, gefertigt und charakterisiert. Durch dieses Verfahren ist es auch möglich, schnell und kostengünstig Komponenten zu fertigen, die mit herkömmlichen Verfahren nicht herzustellen sind.

Sendemodule für 6G-Frequenzbänder erfolgreich demonstriert

Das E-Band-Modul erreicht durch die Kopplung der Sendeleistung von vier Einzelmodulen mit extrem verlustarmen Hohlleiter-Komponenten eine lineare Ausgangsleistung von 1 W im Frequenzbereich von 81 GHz bis 86 GHz. Damit ist es für breitbandige Punkt-zu-Punkt-Datenverbindungen über große Entfernungen geeignet. Verschiedene Übertragungsexperimente des Fraunhofer HHI konnten die Leistungsfähigkeit der gemeinsam entwickelten Komponenten demonstrieren: In unterschiedlichen Outdoor-Szenarien wurden Signale, die den aktuellen

E-Band-Modul auf GaN-Basis für breitbandige Punkt-zu-Punkt-Datenverbindungen über große Entfernungen im 6G-Mobilfunk. Bild: Fraunhofer IAF

Entwicklungsspezifikationen von 5G entsprechen (5G-NR Release 16 der globalen Mobilfunkstandardisierungsorganisation 3GPP), bei 85 GHz mit einer Bandbreite von 400 MHz übertragen. Bei freier Sichtverbindung konnten über eine Distanz von 600 Metern Daten in einer Quadratur-Amplituden-Modulation mit 64 Symbolen (64-QAM) erfolgreich übertragen werden, was eine hohe Bandbreiteneffizienz von 6 Bit/s/Hz gewährleistet. Die Error Vector Magnitude (EVM) des empfangenen Signals lag dabei mit 24,43 dB deutlich unterhalb des 3GPP-Grenzwertes von -20,92 dB. Bei durch Bäume und geparkte Fahrzeuge behinderter Sichtverbindung konnten 16QAM-modulierte Daten erfolgreich über eine Distanz von 150 Metern übertragen werden. Auch bei einer komplett blockierten Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger war es hier noch möglich, Vierphasen-modulierte Daten (Quaternary Phase-Shift Keying, QPSK) mit einer Effizienz von 2 Bit/s/Hz zu übertragen und erfolgreich zu empfangen. Der hohe Signal-Rauschabstand von teilweise mehr als 20 dB in allen Szenarien ist, besonders in Anbetracht des Frequenzbereiches, laut den Forschern bemerkenswert und wird nur durch die hohe Leistungsfähigkeit der entwickelten Komponenten möglich.

In einem zweiten Ansatz wurde ein Sendemodul für den Frequenzbereich um 140 GHz entwickelt, das eine Ausgangsleistung von mehr als 100 mW mit einer extremen Bandbreite von 20 GHz kombiniert. Tests mit diesem Modul stehen noch aus. Beide Sendemodule sind ideale Komponenten für die Entwicklung und Erprobung von zukünftigen 6G-Systemen im Terahertz-Frequenzbereich.

Quelle und Bild: www.iaf.fraunhofer.de

Bild: Fraunhofer HHI



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